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AutorenbildYvonne Ineichen

Schachteln haben in Sätzen nichts zu suchen


(Lesezeit: 3 Minuten)

Weder alte noch junge, weder grosse noch kleine – Sätze funktionieren schlicht und einfach ohne Schachteln am besten. Trotzdem ist niemand davor gefeit, dass sich ein Schachtelsatz in einen Text verirrt. Kein Texter, kein Journalist, kein Briefeschreiber. Warum? Weil es im Schreibfluss passiert, dass man Satz an Satz reiht und Gedanken zwischenschiebt. Muss der Leser danach die einzelnen Satzteile zerlegen, um den Inhalt zu begreifen, hört der Spass auf.

Erinnern Sie sich an das Bündnerfleisch von Herrn Merz?

Eine unterhaltsame Episode bekommt den Beigeschmack von... zu trockenem Trockenfleisch. Wenn sie so erzählt wird: «Als der zuständige Minister Merz jenen von seinen Beamten des Departements verfassten Artikel betreffend der Einfuhr von Trockenfleisch dem tagenden schweizerischen Parlament zur Begutachtung von der Rednertribüne herab vorlesen wollte, musste die Sitzung einerseits wegen eines minutenlangen Lachanfalls des Ministers und andererseits wegen des allgemeinen Heiterkeitsausbruchs der Mehrzahl der im Saal anwesenden Volksvertreter unterbrochen werden.»

Der Satz ist grammatikalisch anspruchsvoll und zweifellos korrekt. Ist er klar? Ist er verständlich auf den ersten Blick? Nein. Denn, unser Kurzzeitgedächtnis merkt sich zirka sechs bis sieben Wörter am Stück. Sind die Sätze oder Satzteile länger, verliert man den Zusammenhang und gerät inhaltlich ins Straucheln. Deshalb haben Schachtelsätze in Onlinetexten, Newslettern, Werbetexten, Zeitungen, Konzepten nichts verloren.

Ein paar Grundsätze:

Bleiben wir beim Kurzzeitgedächtnis. Wollen Sie, dass Ihr Satz verstanden wird, dann trennen Sie nicht, was zusammengehört. Heisst: Verbindende Elemente sind nicht mehr als drei Sekunden Lesedauer auseinander. Das gilt für:

• Artikel und Nomen: das Auto

• Subjekt (Satzgegenstand) und Prädikat (die Satzaussage): das Kind schreit

• Die Teile eines Hauptsatzes: Der Vater steht in der Küche.

• Verben: er fährt los

Textrevision? So lösen Sie Schachtelsätze auf:

- Nebensätze ans Satzende hängen

Beispiel: Ich roch den betörenden Duft, den ich nicht einordnen konnte, der aus der Küche strömte. Korrektur: Ich roch den betörenden Duft, der aus der Küche strömte und den ich nicht einordnen konnte.

- Längere Adverbialbestimmungen* werden verbunden

mit Bindegliedern wie «nämlich», «und zwar» oder «das heisst» und ans Satzende gehängt.

Beispiel: Ich möchte zuerst in Frankreich und danach in Italien, Spanien, Norwegen und Schweden Möglichkeiten für einen Sprachaufenthalt prüfen.

Korrektur: Ich möchte Möglichkeiten für einen Sprachaufenthalt prüfen und zwar zuerst in Frankreich und danach in Italien, Spanien, Norwegen und Schweden.

- Den Schachtelsatz mit einem Punkt oder Doppelpunkt auflösen

Beispiel: Wir verabschieden uns, bevor wir uns um die neuen Gäste kümmern, zuerst von Frieda.

Korrektur: Wir verabschieden uns zuerst von Frieda. Danach kümmern wir uns um die neuen Gäste.

- Subjekt vor Objekt

Die Voraussetzung für einen verständlichen Satz ist, dass das Subjekt (Satzgegenstand) möglichst weit vorne im Satz steht, ebenso das Verb.

Eigentlich ist es ganz einfach. Falls doch noch Fragen auftauchen, kontaktieren Sie mich.

Und wer Lust hat, der gönnt sich einen komplett verschachtelten Text – zum Abgewöhnen.

*Adverbialbestimmung: Eine Adverbialbestimmung ist eine Ergänzung. Sie bestimmt die im Satz ausgedrückte Handlung oder den im Satz ausgedrückten Zustand näher.


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