Ich habe mein Interview geführt. Wir stehen auf und machen uns zum Aufbruch bereit. Vorher noch ein rasches Adieu bei der leitenden Ärztin. Sie meint: «Wir verabschieden gleich einen Menschen. Bleibt doch noch einen Moment.»
Gemeinsam mit den Mitarbeitenden stehe ich Spalier. Und begleite einen Menschen auf seinem letzten Weg. Diese Person hat ihre letzte Lebenszeit im Hospiz Zentralschweiz verbracht. Sie durfte dort in Würde sterben und wird heute von Mitarbeitenden eines Bestattungsinstitutes ins Krematorium überführt. Die zwei Frauen machen mit dem Sarg in der Eingangshalle halt. Die Ärztin wendet sich an die verstorbene Person und gibt ihr einen letzten Gruss mit auf den Weg. Worte, die durch Mark und Bein gehen, tief ins Herz eindringen und sich da niederlassen. Mich berührt es immer ganz tief, wenn ich sehe und miterlebe, wie im Hospiz gewirkt wird. Und ich bin dankbar, kann ich mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass diese Institution ihren Weg gehen und ihr Wirken nach aussen tragen kann.
Sind die Themen Sterben und Tod sexy, trendig? Sind sie hip oder prickelnd? Nein. Ist es etwas, womit man sich gerne auseinandersetzt? Nope! Wenn ein Mensch geboren wird, feiern wir dieses Ereignis ausgelassen. Wenn ein Mensch stirbt, sind wir überfordert und würden den Tod am liebsten aus unser aller Leben verbannen. Dabei ist es einfach ein Übertritt in eine andere Welt und kann, gerade wenn man schwer krank ist, eine Erlösung sein. Das grosse Übel ist: Wir haben schlicht keinen Umgang damit. In unserer Gesellschaft werden ewige Jugend, Vitalität gefeiert. Dass unser Körper und damit unser irdisches Leben endlich ist, verdrängen wir gerne. Dabei ist es ein grosses Geschenk, sich mit der Endlichkeit zu befassen. Es veranlasst, Prioritäten zu überdenken, nach bestem Wissen und Gewissen zu leben. Die Lebenstage als Geschenk zu betrachten, auch die etwas mühsameren. Ich für mich behaupte: Seit ich über das Sterben schreibe, bin ich dem Leben viel näher.
Wie geht’s dir mit dem Thema?
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